Am Anfang war das – Briefing.
Konzept und Text. Bevor ein Texter ein einziges Wort schreibt, ein Grafiker einen ersten Strich macht, muss eins geklärt werden: Mit wem rede ich überhaupt und was will ich mit dieser Unterhaltung erreichen? Was habe ich zu verkaufen, wie sieht das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich aus und was ist denn der Anlass meiner Kommunikation? Wie lauten die Argumente, mit denen ich mein Auditorium überzeugen kann? Was ist das eine, einzige, überzeugendste davon?
Nichts leichter als das, denkt man sich und schreibt eine lange, lange Wunschliste auf. Ich möchte natürlich ganz viele Menschen erreichen, am liebsten alle. Und Argumente für mein Produkt habe ich auch eine ganze Latte, wahre und ausgedachte. Wenn wir Glasperlen auf eine von Eingeborenen bewohnten Insel vor der Entdeckung durch die Europäer zu verkaufen hätten, wäre das eine gute Idee.
Die verwöhnte Zielgruppe
Leider schläft die Konkurrenz nicht und von den meisten Produkten oder Dienstleistungen gibt es in unserer Überflussgesellschaft mehrere gleich gute zur Auswahl. Der Eingeborenen-Häuptling und seine Frau überlegen sich gut, warum sie meine Glasperlen kaufen sollen, wenn am Nordufer ein zweiter Händler seine Waren anpreist und die Perlen gleich noch aufgereiht in einer schönen festen Schachtel verkauft.
Der Wurm muss nicht dem Angler schmecken.
In einem Briefingprozess wird ziemlich schonungslos geklärt, wer denn mein Adressat ist und wie er oder sie so lebt. Argumente für oder gegen das Produkt müssen auf den Tisch, die Konkurrenz, und auch Vertriebsweg, Medienkanal und Budget.
Es kann durchaus passieren, dass mir persönlich als Auftraggeber das kommunikative Ergebnis dann gar nicht gefällt. Ich bin aber vielleicht auch keine übernächtigte Mama eines Babys oder eine rüstige Siebzigjährige mit Freiheitsdrang. Beide wären beispielsweise Zielgruppe für Wegwerfwindeln. Bei beiden Zielgruppen steht ein anderer Nutzen des Produkts im Vordergrund: geruhsame Nächte versus Diskretion. Beide würden wir sehr unterschiedlich ansprechen und ganz sicher auf unterschiedlichen Kanälen. Es macht also für einen Kommunikationsdesigner in Konzept und Text und Design sehr wohl einen Unterschied, einen feinen Brief auf edlem Papier oder ein kuscheliges Video für youtube zu konzipieren. Beides für praktisch dasselbe Produkt: Wegwerfwindeln.
Die Schuhe einer jungen Mutter
Natürlich sind die Windel-Geschichte oder auch das Glasperlen-Klischee vereinfachte Beispiele. Trotzdem lohnt es sich, einmal ganz konsequent in die Schuhe seiner Zielgruppe zu steigen. Aus dieser Perspektive merkt man schnell: niemand interessiert sich für Werbung und eigentlich auch nicht für mein Produkt. Jeder Mensch interessiert sich zuerst mal für sich selbst und sein Leben. Wenn ein Hersteller aber eine Lösung für eines meiner Probleme hat, und sei es nur eine halbe Stunde mehr Schlaf am Tag durch trockenere Babywindeln, dann ist ihm der Dank jeder jungen Mutter sicher.
„Man kann nicht nicht kommunizieren“, schrieb der österreichische Kommunikationswissenschaftler und Familientherapeut Paul Watzlawick in seinem gleichnamigen Lesebuch. Wenn ein durchdachtes und ehrliches Briefing auf dem Tisch liegt, ist es sehr wahrscheinlich, das man sein Kommunikationsbudget sinnvoll einsetzen wird.
Beispiele für Konzept und Text:
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Ein Hoch auf Niederösterreich.
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